J. K. Rowling wird jetzt - wie schon vor einem halben Jahr - angefeindet, weil sie sich „transphobisch“ geäußert haben soll. Sie hat sich über die Formulierung „Menschen, die menstruieren“, mit der biologische Frauen, die sich nicht als Frauen identifizieren, eingeschlossen werden sollen, lustig gemacht. https://www.welt.de/vermischtes/article209144569/Vorwuerfe-der-Transfeindlichkeit-J-K-Rowling-steht-auf-Twitter-in-der-Kritik.html Am Ende des letzten Jahres wurde sie angegriffen, weil sie sich mit Maya Forstater solidarisiert hat, die ihren Job beim Center for Global Development in London nicht verlängert bekam, weil sie getwittert hatte, es sei unmöglich, das Geschlecht zu verändern. https://www.theguardian.com/society/2019/dec/18/judge-rules-against-charity-worker-who-lost-job-over-transgender-tweets?fbclid=IwAR2VJBjOQvQHCAcDfOqH37ATaTvsQFQwKGxbDTZxXBAmN0FWocgrABpIcbE
Ursprünglich bedeutete Gleichberechtigung nichts weiter als dass Geschlechtszugehörigkeit
und sexuelle Orientierung im öffentlichen Alltagsleben keine Rolle spielen
sollten. Nun werden jedoch diese Unterschiede durch die LGBTI- Identitätspolitik
erst in den Fokus gerückt. – Auch der nicht postmodernisierte Teil der Feministinnen
weist darauf hin, dass es gewissen Transakivisten darum geht, dass Männer sich geschützte
Frauenräume erobern können (so wie Rowling ja auch erklärt hat, dass es ihr darum
vor allem auch geht https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/joanne-k-rowling--li.87024?fbclid=IwAR1a2U149h2Fa41zxDaOkOEbWVF7ua7KGMhbSva6oU-z9XsXj4MUgj_vwuc
)Diese Feministinnen der älteren Generation werden von den Transaktivisten und der
neuen Generation der durch die Gendertheorien geprägten Feministen dann in
abwertender Absicht mit dem Akronym TERFs benannt (transgender excluding
radical feminists) – Mit diesem neuen durch die Gender-Theorie nach Judith Butler geprägten
Feminismus und den damit begründeten Maßnahmen, die zu solchen Sprachregelungen
führen, wird nun gerade nicht das erreicht, was damit zumindest dem Anschein
nach erreicht werden sollte, nämlich die Auflösung der sozialen
Geschlechterrollen (gender) und ihre Entkopplung vom biologischen
Geschlecht (sex). Abschaffung von Diskriminierung und Ausgrenzung kann
dann nur heißen, dass Geschlechterrollen und biologisches Geschlecht für die
Verhältnisse des Einzelnen in der Gesellschaft in Beruf und Alltag keine Rolle
spielen sollten, da wo sie von der Sache her bedeutungslos sind. Jenen
Lobbygruppen geht es aber darum, dass zwar das biologische Geschlecht unbedeutend
werden soll, das soziale (gender) dafür aber immer bedeutender, deswegen werden
die Bestrebungen ja auch unter dem Label „gender“ zusammengefasst, obwohl man
eigentlich denken könnte, es gehe darum die sozialen Geschlechterrollen als
bloße soziale Konstruktionen zu dekonstruieren. Bei der Bewegung insbesondere
der Transgender-Aktivisten geht es dagegen viel mehr darum, das biologische
Geschlecht zu einer sozialen Konstruktion zu erklären und das soziale zu einem
wesentlichen Identitätsmerkmal zu machen, das überall in allen sozialen
Zusammenhängen von Belang ist. Durch diese Verwirrung, die dadurch entstanden
ist, dass gemäß Judith Butler nicht nur das soziale, sondern auch das
biologische Geschlecht konstruiert sein soll, ist das emanzipatorische Ziel von
Gleichberechtigung, dass Geschlechtszugehörigkeit und sexuelle Ausrichtung nur
für den privaten Bereich, aber nicht für die Stellung in der Gesellschaft
wichtig sein sollte, aus dem Blick geraten und ins Gegenteil verkehrt. Das gender,
die psychosoziale Geschlechterrolle wird gerade nicht als soziale Konstruktion
begriffen, sondern als ein wesentliches Persönlichkeitsmerkmal, das lediglich
entweder subjektiv oder doch naturgegeben sei, nur eben vom biologischen
Geschlecht abgekoppelt. Emanzipatorisch ist es oder wäre es, davon auszugehen,
dass das biologische Geschlecht nicht oder nicht vollständig mit den tradierten
Rollen, die gesellschaftlich erwartet werden, übereinstimmen muss und dass
Menschen, bei denen das mehr oder weniger zutrifft, keine sozialen Nachteile
hinnehmen müssen. Das kann nur geschehen, indem Geschlechterrollen keine Rolle
mehr spielen, außer freiwillig im privaten Bereich. Das was hier stattfindet,
heißt jedoch, dass das soziale Geschlecht ins Zentrum rückt, wenn ein Mann
sagen kann, er fühle sich als Frau und damit auch gesetzlich als Frau gilt. So
wird paradoxerweise gerade die Binarität bestätigt. Denn wenn es für einen
Menschen, der biologisch männlich geboren wurde, wichtig ist, eine Frau zu sein
und dies offiziell anerkannt zu bekommen, dann heißt das ja, dass es in den
sozialen Rollen doch zwei Geschlechter gibt. Es scheint, dass es in den
Genderdiskursen meist gerade nicht darum geht, Geschlechterrollen aufzulösen,
also dafür zu sorgen, dass es für die Rolle eines Individuums in der
Gesellschaft keine Rolle spielt, welchem Geschlecht es angehört, sondern nur,
dass es sich seine Rolle selbst aussuchen kann, es sonst aber bei den festen
stereotypen Geschlechterbildern bleibt, denn genau das wird ja impliziert, wenn
ein Mann, der sich „als Frau fühlt“ auch ohne Wenn und Aber nach außen als Frau
gelten muss, anstatt dass man sich darauf verständigt, dass manche Menschen
nicht den Normen und Vorstellungen entsprechen, die sich in den vormodernen
Gesellschaften in Bezug auf die biologischen Geschlechterngebildet haben und dass
in einer modernen am individuellen Lebensentwurf orientierten Gesellschaft auch
niemand solchen traditionellen Normen entsprechen muss, was ja der einzig
wirklich emanzipatorische Sinn von Gleichheit der Geschlechter und Auflösung
der Geschlechterrollen ist. In der „Postmoderne“ und der
postmodernen Geschlechtertheorie nach Judith Butler geht es aber offensichtlich
nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr nur darum, dass jede(r) unabhängig von
der Biologie leben kann, wie er will, sondern dass alle objektive Realität in
Wahrheit nur subjektiv sei. Es muss eingestanden werden, dass die Natur
zweigeschlechtlich ist, die Ausnahmen sind sehr selten und dann meistens wieder
auf die Polarität der beiden Geschlechter bezogen, eben „trans“, d.h. ein
biologischer Mann fühlt sich als Frau oder eine biologische Frau fühlt sich als
Mann, darum ging es ja in den Beispielen, um Menschen, die einfach das jeweils
andere als ihr angeborenes Geschlecht sein wollen, um dessen traditionelle
soziale Rolle oder übliches Erscheinungsbild zu übernehmen. Nur in noch
selteneren Ausnahmen ließe sich von Geschlechtslosigkeit (a-gender) sprechen (wie
im Fall von „Professx
Lann Hornscheidt), aber nicht von einem dritten Geschlecht, so dass die
Zweigeschlechtlichkeit nur bestätigt wird.
Die Theorie, nach der nicht nur das soziale, sondern auch das biologische Geschlecht nur konstruiert sei, schießt über das Ziel hinaus, weil es in der Praxis kaum zur Überwindung von festen Geschlechterrollen und zur neutralen Gleichbehandlung führt, sondern zur Konstruktion immer neuer Identitäten und damit neuer Rollen, die berücksichtigt werden müssen. Statt der „Dekonstruktion“ festgefügter Ordnungen, die man auf den ersten Blick mit den postmodernen Bestrebungen verbindet, steht im Ergebnis die Konstruktion neuer Identitäten. So werden unzählige zusätzliche Geschlechter konstruiert, so dass der eigentliche Sinn, den man der Gleichstellungspolitik zuschreiben würde, gerade verfehlt wird, der heißen würde, die Spaltung und Zuschreibung nach Geschlechterrollen gerade zu überwinden. Anstatt dass nicht mehr auf Geschlecht geachtet wird, wo der Mensch als solcher gesehen werden sollte, geraten so Geschlechterrollen immer mehr in den Blick. – Bei den Geschlechtern und auch den anderen - ethnischen, kulturellen - Identitäten heißt es dann, die bisher benachteiligten Gruppen müssten sichtbar gemacht werden, obwohl echte Emanzipation im zivilen Sinne individueller Freiheit und Anerkennung als Mensch doch gerade die Unsichtbarkeit der Gruppenidentitäten bedeuten müsste außer in den Zusammenhängen, in denen sie eine Rolle spielen.
Ein weiteres Problem ist nun, dass die Identitätspolitik auch in diesem Fall den Begriff der Diskriminierung ausdehnt und zweckentfremdet, nämlich von konkreter Benachteiligung hin zu jeglicher Kritik an den jeweiligen Aktivisten und ihren Theorien, wenn also jemand seinen Job verliert, weil er feststellt, dass Männer nicht im eigentlichen Sinne zu Frauen werden können wie in dem Fall um Maya Forstater Ende 2019: https://www.cicero.de/kultur/joanne-k-rowling-transgender-hass/plus In dem Zusammenhang steht auch der auffällig totalitär inquisitorische Ton, der für das ze.tt, das Jugendmedium der ZEIT schon typisch geworden ist: https://ze.tt/transfeindlichkeit-j-k-rowling-veraergert-mit-einem-tweet-tausende-fans/ Diese Ausdehnung des Diskriminierungsbegriffs ist dann ähnlich wie bei den Muslimen, die es als Diskriminierung ansehen, wenn irgendwo schlecht über ihren Propheten und ihre Religion gesprochen wird, da sie ja immer eine persönliche Betroffenheit dadurch anführen können. Wenn aber bloße Meinungsäußerungen als verletzende und daher verbrecherische Handlungen gesehen werden, dann führt dies in despotische Zustände. Jetzt wird auch in den tonangebenden Medien der Ton schärfer, es zeigt sich, dass die Stigmatisierung von abweichenden Meinungen mit dafür neugeschaffenen Vokabeln wie „TERF“ immer bedrohlichere und totalitärere Züge annimmt. Auch jetzt heißt es in vielen Zeitungen schon unvermittelt, Rowling habe sich in der Vergangenheit schon öfter „transfeindlich“ geäußert, also ohne Anführungszeichen, als Tatsachenbehauptung und nicht als Vorwurf wie im Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/transfeindliche-tweets-von-j-k-rowling-bestsellerautorin-zieht-wut-von-queeren-harry-potter-fans-auf-sich/25903810.html und in der FR: https://www.fr.de/ratgeber/medien/harry-potter-autorin-transfeindlich-daniel-radcliffe-tweets-jk-rowling-kritik-rupert-grint-zr-13793014.html . Das heißt, wer die neuen Sprachregelungen nicht mitmacht, ist ein Feind und Ketzer. Am abstrusesten wird es dann je fortschrittlicher ein Medium sich angeblich präsentieren will: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137704.joanne-k-rowling-frauen-die-auf-frauen-treten.html?sstr=rowling