Gerade hat der deutschtürkische Autor Akif Pirincci auf Broders Hetzplattform Achse des Guten mit einem besonders irren Beitrag eine Debatte ausgelöst und danach seine Kritiker mit wüsten Beschimpfungen bedacht. Die Kritik an ihm benennt aber kaum den Gedanken, der den Text eigentlich menschenverachtend macht, so dass er und seine Gesinnungsgenossen sich wieder als Opfer linker Meinungsdiktatur o.ä. aufspielen.
Pirincci reduziert Menschen auf
biologische Funktionen und zu Teilen von Kollektiven. Man sollte nicht denken,
dass Kritik am Islam und an Muslimen schon dadurch legitim sei,
dass sie von ehemaligen Muslimen geäußert wird. Seriöse Kritik am Islam kann es
nur aus einer humanistischen und aufklärerischen Haltung geben. Bei Pirnincci
ist das Gegenteil der Fall. Er verkündet ein sozialdarwinistisches
Menschenbild, das den Menschen auf vorbewusste Instinkte zur Bildung von
Gruppen und deren Kampf gegeneinander reduziert und die Idee der Einigung der
Menschheit diffamiert.
Hier geht es auf keinen Fall darum, die
Rolle des Islam für Kriminalität und Terrorismus zu relativieren. Im Gegenteil:
Es fällt Pseudo-Islamkritikern offenbar gar nicht auf, dass die Rolle der Religion durch solche pseudo-biologische Erklärung relativiert wird. Denn Religion und Kultur werden nicht genetisch und durch unbewusste Instinkte vermittelt. Wenn aus unbewussten kulturellen Prägungen ein unbewusstes aber zielgerichtetes Handeln eines Kollektivs abgeleitet wird, dann ist dies die Absage an das freie Individuum und die individuelle Schuldfähigkeit.
Es fällt Pseudo-Islamkritikern offenbar gar nicht auf, dass die Rolle der Religion durch solche pseudo-biologische Erklärung relativiert wird. Denn Religion und Kultur werden nicht genetisch und durch unbewusste Instinkte vermittelt. Wenn aus unbewussten kulturellen Prägungen ein unbewusstes aber zielgerichtetes Handeln eines Kollektivs abgeleitet wird, dann ist dies die Absage an das freie Individuum und die individuelle Schuldfähigkeit.
Es ist zwar richtig, dass die
Meinungsfreiheit solche Ausfälle zulassen muss. Jedoch muss nicht der Inhaber
eines Mediums jede Meinungsäußerung in seinem Haus zulassen. Siehe hier. Bei Broder fällt
dies insbesondere auf, weil er gegen den Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz einen Privatkrieg führt,
weil dieser auf seiner Facebook-Pinnwand auch fragwürdige Kommentare zulässt.
Hier geht es demgegenüber gar nicht um Leserkommentare, die es bei der Achse
ohnehin nicht gibt, sondern um einen Artikel eines der Stammautoren.
Die „Achse des Guten“ ist dem Geist der
Aufklärung diametral entgegengesetzt. Die Aufklärung zielte auf die moralische
Vervollkommnung und die Verbrüderung des Menschengeschlechts, also das, was
dort als Gutmenschentum, von Pirincci auch noch als linksgrün und als
Hippie-Ideologie bezeichnet wird, ab und nicht auf die zynische Ergebung in die
angebliche Naturnotwendigkeit, nach der alles Leben Kampf und der Mensch
unausweichlich von tierischen Instinkten statt von der Vernunft bestimmt ist. Das
betont anti-linke Vokabular sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es
keineswegs nur um linksstehende Kräfte geht, denn auch der Bundepräsident wird
dafür attackiert, dass er den Rassismus von Autochthonen gegen Zuwanderer überhaupt
benennt, jedenfalls ohne gleichzeitig den angeblich gleich oder gar mehr
gefährlichen der umgekehrten Art zu benennen.
Zu bedenken ist: Wenn es stimmen würde, dass
eine Gruppierung die physische Vernichtung eines Volkes plant und dabei ist
diese durchzuführen, dann müsste man sich lediglich über die Erklärungsmodelle
und die Strategien dagegen unterhalten – und auch dann läge das Problem in der
politisch geförderten ethnoreligiösen Segregation, die gerade auch von
Pirnincci mit seinen biologistischen und pseudowissenschaftlichen Thesen zur
Gruppenbildung nicht in Frage gestellt wird, aber es handelt sich um eine
unbelegte Verschwörungstheorie vom gleichen Wert wie die Protokolle der Weisen
von Zion. Dadurch, dass er den systematischen Völkermord an den Deutschen nicht
als bewusste Handlung, sondern als eine unbewusste Instinkthandlung behauptet,
kann er immer darauf verweisen, er hätte niemanden für den angeblichen Genozid
verantwortlich gemacht. Denn eigentlich hat er nichts Handfestes behauptet, sondern nur eine
unbelegbare Theorie aufgestellt. So versucht er sich tatsächlich gegen Kritik
zu immunisieren und es fällt auch den Kritikern kaum auf, dass gerade in dieser
Theorie die Menschenverachtung des Textes liegt.
Wer aber der Einzelperson ihre
individuelle Motivation und Verantwortlichkeit abspricht und alles Handeln auf
Gruppenidentität zurückführt, der hat die Grundlage der Aufklärung und der
modernen Gesellschaft verlassen. Deswegen hat es auch einen guten Grund,
weshalb die Zughörigkeit zu bestimmten Gruppen bei der Strafverfolgung und der
Berichterstattung eine untergeordnete Rolle spielt, es sei denn es handelt sich
um bewusst organisierte Gruppen, die mit ihren kriminellen Handlungen ein
bewusstes Ziel verfolgen. Meinetwegen ist das „linksgrünes Gutmenschentum“,
aber alles andere wäre eine Bankrotterklärung des modernen Rechtsstaates, der
alle Menschen gleich als unabhängige Personen betrachtet und ein Rückfall in
archaisches Stammesdenken.
Dass im Umfeld der Achse des Guten die
Aufklärung nur selektiv als Steinbruch zur Legitimation spezifischer Interessen
dient, sieht man daran dass sie auf einmal etwas ganz Böses sein soll, wenn sie
sich auch kritisch gegen die jüdische Religion richtet. Dann verbrüdert die
Gutachsenbrut sich für kurze Zeit mit ihren ansonsten ärgsten Feinden, den
gläubigen Muslimen. Siehe Beschneidungsdebatte. Ansonsten bedienen sie sich
fast wörtlich der gleichen Sprache und der gleichen Theoreme wie die Nazis:
Während die Nazis im universalen Humanismus eine Erfindung bzw. Verbündeten des
Judentums zur Unterwerfung der anderen Völker sahen, so wird von gewissen
Autoren der Achse der Humanismus als illusionäres Gutmenschentum, das nur den
Feinden des eigenen Kollektivs in die Hände spielt und als tendenziell
antisemitisch, weil die Absonderung des Judentums in Frage stellend,
diffamiert. Es steht jedem frei, den
Menschen für von Natur aus schlecht zu halten und das Leben als Kampf ums Dasein
zu betrachten. Die Konsequenz wäre allerdings, auch die freiheitliche
Demokratie, die universalen Menschenrechte und die ganze Tradition von
Humanismus und Aufklärung als Gutmenschengetue und totalitären Ansatz zur
Schaffung eines neuen Menschen auf den Müll zu werfen. Broder und Pirincci sind
sich dessen mit Sicherheit bewusst, wissen aber auch, dass sie diese Konsequenz
nicht äußern können, da sie sich ganz durch ihr Image als superliberale
Demokraten legitimieren.
Pirincci meint, er brauche keine Belege,
weil der von ihm behauptete Völkermord
offensichtlich sei und das Fehlen von Beweisen zeige schon, dass sie durch
offizielle Propaganda verschwiegen würden. Nun, die gleiche Gewissheit haben
die Verschwörungstheoretiker, die für das Aussterben der Deutschen oder der
„weißen Rasse“ eine globale Macht wie die Juden, die Rothschilds oder die
Illuminaten verantwortlich machen, auch. Der einzige wesentliche Unterschied
zwischen letzteren und Personen wie Pirincci und Broder ist der, dass die
einen Antisemiten und die anderen Israelfreunde sind. Einfältige Menschen
glauben tatsächlich, es sei für den Faschismus entscheidend, gegen welche
Menschengruppen er sich im Einzelnen richtet und dass demzufolge ein Mensch
jüdischer oder türkischer Herkunft kein Faschist sein könne. Dabei ist das
Entscheidende ja wohl eher die Menschenverachtung und der Gewaltfetischismus,
nicht zuletzt auch in der Sprache, die prinzipielle Gegnerschaft zur Einigung
des Menschengeschlechts, zum Kosmopolitentum, worum es den historischen Nazis
und Faschisten ging, also die Gegnerschaft zu dem, was heute wahlweise
Gutmenschentum oder One-World-Ideologie genannt wird. So habe ich jedenfalls
keine Hemmung, Pirincci und Broder und ihre Geistesverwandten als Faschisten
zu bezeichnen.
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