Das Zusammentreffen von dem 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls und der friedlichen Revolution in der DDR mit dem Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen, das die Möglichkeit eines Ministerpräsidenten der LINKEN eröffnet, hat zu Begebenheiten geführt, die zeigen, dass das politische Klima immer noch von der Teilung und von der Perspektive des Kalten Krieges bestimmt ist (abgesehen davon, dass der Kalte Krieg auch weltpolitisch wieder da ist). Bundespräsident Joachim Gauck hat eindeutig eine parteipolitische Stellungnahme abgegeben, die ihm zwar nicht verboten ist, die aber zu Recht als unübliche Anmaßung kritisiert wird.
Damit missachtet er den
Wählerwillen und die Willensbildung der möglichen Koalitionspartner. Es zeigt
zugleich, dass immer noch gewisse Kreise ganz im Gestern leben, wenn sie nicht
akzeptieren können, dass eine Partei an Landesregierungen beteiligt wird, die
zwar Rechtsnachfolgerin der alten SED ist, sich aber sowohl von ihrem
Spitzenpersonal als auch von ihrer Ausrichtung weitgehend erneuert hat. Nach
dem Bild der Äußerungen von Gauck und anderen wirkt es geradezu so, als würde
eine Landesregierung mit einem linken Ministerpräsidenten sowohl die Absicht
haben als auch in der Lage dazu sein, die Verfassung außer Kraft zu setzen und
eine neue DDR zu errichten. Die Bezugnahme auf die Stasi geht auch völlig an
den Gegebenheiten der neueren Zeit vorbei, da erstens Bodo Ramelow aus dem
Westen stammt und als Person gar nichts mit dem SED-Regime zu tun hat und
zweitens damit ganz offensichtlich von den heutigen Problemen abgelenkt werden
soll. Denn die Gefahr der Überwachung, die heute tatsächlich besteht, wie seit
dem NSA-Skandal zu sehen ist, ist Joachim Gauck und denen, die ähnlich denken
wie er, eher gleichgültig. Ebenso ist es auch bei Wolf Biermann, wenn er die
Abgeordneten der LINKEN unmittelbar mit den früheren Machthabern der DDR
identifiziert. Er bezeichnet sie als solche, die gar nicht links, sondern
reaktionär seien, was einmal ebendies heißen könnte, dass er ihnen unterstellt,
die Politik der SED fortzusetzen, aber auch, dass er sich einer Terminologie
bedient, die darauf hinausläuft, alle Gegner und Kritiker der Globalisierung
unter Führung der USA und der NATO als reaktionär zu etikettieren. Damit
versucht er sich als ewigen Widerstandskämpfer gegen ein Regime zu stilisieren,
das es seit 25 Jahren nicht mehr gibt, während er jetzt in Wirklichkeit selbst
zum Opportunisten geworden ist, der die Opposition gegen die heutige etablierte
Politik mit Schmähworten attackiert, die in ihrem dämonisierenden Stil schon
selbst an die Wortwahl totalitärer Regime gegenüber ihren Gegnern erinnert. Der Bundestagspräsident Norbert Lammert hat
bei der Einladung an Wolf Biermann offensichtlich mit etwas Derartigem gerechnet,
auch wenn er ihn scheinheilig süffisant daran erinnert hat, dass er nicht zum
Reden, sondern nur zum Singen eingeladen worden ist. Insgesamt hat sich also
gezeigt, dass die Spaltung des Landes noch immer sehr tief ist und die Schatten
der Vergangenheit geeignet sind, die Gegebenheiten von heute zu verdecken, wenn
Bundespräsident und Bundestagspräsident sich gegen die Gepflogenheiten parteipolitisch
zwecks Demütigung der Linkspartei, die nach wie vor den Charakter einer
Ostpartei hat, engagieren.
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