Sonntag, 28. Februar 2010

Kardinal Schönborn und die Evolution

Christoph Kardinal Schönborn, der Erzbischof von Wien, hat 2005 mit einem Artikel in der New York Times Aufsehen erregt, in dem er sich zur Evolutionstheorie äußerte. Darüber ist auch in Nr. 15/2005 von "Publik-Forum - Zeitung kritischer Christen" diskutiert worden. Hier ist Schöborns Artikel widergegeben.

Ich halte es für wichtig daran zu erinnern, dass Schönborn ja von Anfang an eingeräumt hat, dass es nicht darum geht, die Evolution im Sinne eines gemeinsamen Ursprungs aller Lebewesen in Frage zu stellen. Daher soll er sich hinterher auch von den sog. Kreationisten, welche die "intelligent design"-These vorantreiben, distanziert haben. Ich glaube auch, dass es nicht um die Alternative Evolution oder "Schöpfung in sechs Tagen" geht. Denn Schönborn hat selber deutlich gemacht, dass es der Kirche darum nicht geht. Ich meine auch dass ihm da zuzustimmen ist, wo er sich gegen die Vorstellung absoluter Zufälligkeit wendet. Die Feststellung, dass eine absolute Zufälligkeit im Universum nicht mit dem Glauben an einen Gott, der für die Menschen da ist, zusammengeht, halte ich auch für plausibel. Problematisch ist schon eher sein Postulat, dass ein Schöpfer und ein Schöpfungsplan mit dem Verstand erkennbar sind.
Meiner Ansicht nach kann Wissenschaft nur die Natur erklären, wie sie ist und daraus Gesetzmäßigkeiten ableiten. Sobald sie versucht, Theorien darüber aufzustellen, ob es einen Plan gibt oder alles dem Zufall unterliegt, begibt sie sich auf ein weltanschauliches Terrain, wo sie nichts zu suchen hat. 2009 hat Schönborn allerdings seine Position zum Verhältnis von Schöpfung und Evolution in diesem Vortrag präzisiert, so dass sie in dieser Hinsicht auch meiner Position entspricht.


Es ist auch an den Jesuiten Pierre Teilhard de Chardin erinnert worden, der eine direkte Synthese zwischen Evolution und christlicher Heilslehre versucht hat. Dies steht, meine ich, aber auch nicht gegen die Klärungen, die Schönborn versucht hat. Denn auch da läuft wie auch Peter Rosien in seinem Artikel (Publik-Forum 15/2005) festgestellt hat, die Evolution auf ein Ziel, den Punkt Omega, den er mit dem Gottmenschen Christus identifiziert, hinaus und ist, wenn schon, dann doch nur bedingt zufällig. Ich finde dieses Modell auch nicht grundsätzlich abwegig. Aber eingedenk, dass es auch nur ein Modell ist, das ja auch nicht als Gegenentwurf zum Schöpfungsglauben gedacht ist, sondern als Vertiefung, um diesen mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vereinen.

Jemand hat im Internetforum der Zeitschrift Publik-Forum gesagt, dass der Zufall so etwas wie der freie Wille der Natur sein kann; und da die Willensfreiheit von der katholischen Lehre bejaht werde, könne da kein Problem sein. Ich meine, es mag wohl sein, dass auch in Gottes Schöpfung auch für Naturkräfte ein freier Wille sein kann. Aber die Entstehung des Menschen mit einer Seele und als Ebenbild Gottes kann ich schwerlich dem Zufall zuschreiben. Ich halte es auch mit Albert Einstein: „Gott würfelt nicht.“ Dass Gott das Ziel der Evolution ist, soll nicht ausschließen, dass er auch der Anfang ist. Der Prozess der Weltentstehung, meine ich, läuft wie ein Film auf ein Ziel hinaus, das schon am Anfang da ist, da Gott über der Zeit steht. Der freie Wille der geschaffenen Wesen füllt den Prozess sozusagen noch mit Leben aus. Den freien Willen kann ich aber nicht wirklich mit Zufall identifizieren, da er nur da ist, wo Gott ihn einem beseelten Wesen übertragen hat.

Wenn wir die Evolution ähnlich wie Teilhard de Chardin als eine Entwicklung zur Vollkommenheit, also auf Gott hin betrachten, wäre es doch auch nachdenkenswert, ob der Evolutionsprozess so etwas wie der Prozess der Wiederherstellung der ursprünglichen Einheit aller Dinge mit Gott sein kann. Dass ein solcher Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist, könnte vielleicht als Erklärung für die unvollkommenen Zustände dienen. Theologisch wurde ein solcher Ansatz schon im 3.Jhd. von Origenes vertreten, der dann später zeitweise verketzert, aber nicht ganz vergessen wurde. Vielleicht wäre es hilfreich, heute wieder an ihn zu erinnern, im Hinblick auf die gesamte Diskussion im heutigen Christentum.

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