Dienstag, 18. Dezember 2012

Anmerkungen zu Judith Butler und Broders Stammtisch


Wann immer eine jüdische Persönlichkeit eine Meinung vertritt, die nicht im Sinne des Zentralrates und Broders ist und diese Person von mehrheitlich nichtjüdischen Gremien ausgezeichnet wird, bricht Panik aus. Judith Butler ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wirklich Jüdin, dazu später mehr. Sie ist auch in die jüdische Gemeinschaft eingebunden, im Unterschied z.B. zu Broder, dessen jüdische Identität sich nur aus der Abwehr des Antisemitismus speist, wobei dies für die Außenstehenden allerdings kein Kriterium sein dürfte, jemanden die Berechtigung und Glaubwürdigkeit bezüglich Israel zuzusprechen. Denn selbstverständlich hat in der modernen Welt jeder, auch ein Jude, das Recht sich von der eigenen Gemeinschaft ganz zu distanzieren. Deshalb ist die Bezichtigung des Selbsthasses gegen alle, die sich der bedingungslosen Solidarität mit ihrer angestammten Ethnie oder Religionsgemeinschaft verweigern, schon zutiefst reaktionär. Man stelle sich einmal vor, wie es sich anhören würde, wenn die Islamlobbyisten bspw. gegen Necla Kelek oder Hamed Abdel Samad die Bezichtigung türkischen, arabischen oder muslimischen Selbsthasses erheben würden. Dagegen würde freilich Broders Achse als Erstes Sturm laufen. Allerdings fürchten sie solche Vergleiche eben wie der Teufel das Weihwasser, obwohl oder gerade weil sie sich so offensichtlich aufdrängen. (Siehe denStreit zwischen Broder und Benz) Judentum und Islam haben strukturell in ihrem Gottesbild und in ihren äußeren Erscheinungsformen eigentlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede,

Samstag, 1. September 2012

Für Pussy Riot und gegen die falschen Freiheitsfreunde


In der auf einer eigentümlichen Kombination von ordoliberalen und wertkonservativen Vorstellungen basierenden Zeitschrift eigentümlich frei gab es kürzlich einen höchst aufschlussreichen Artikel von ihrem Herausgeber André Lichtschlag:


„Das ist der ausdrucksvolle Name einer feministischen Punk-Combo, bestehend aus etwa zehn jungen Damen, die seit Jahren keiner geregelten Arbeit nachgehen. Von wem sie wofür finanziert wurden und werden, darüber gibt es nur Spekulationen.“

Zunächst mal steht es in einer liberalen Ordnung ja wohl jedem frei, sich von wem auch immer für welche auch immer propagandistische Tätigkeit bezahlen zu lassen und auch über die Identität der Unterstützer zu schweigen. Es ist also höchst entlarvend, dass ausgerechnet Herr Lichtschlag sich an dieser Tatsache stört. Würde er diese Steilvorlage nicht liefern, wäre ich jedenfalls nicht auf den Gedanken gekommen, die Frage aufzuwerfen, wer denn sein publizistisches Leben finanziert. Dass der Erlös aus dem Verkauf seiner dubiosen Zeitschrift zum Leben reicht, scheint mir jedenfalls sehr unwahrscheinlich.
Hier wird explizit die Verschwörungstheorie ausgesprochen, dass Pussy Riot von George Soros´ Open Society Foundations unterstützt werden, die allgemein die freiheitlichen Bestrebungen in Osteuropa unterstützen. Dagegen kann ja eigentlich auch nichts einzuwenden haben, wer die Idee einer weltweiten offenen Gesellschaft bejaht. Deswegen ist es interessant, dass der Argwohn aus einem Milieu kommt, das wie PI und wesentlich auch ef das Image pflegt, prowestlich und liberal zu sein.

„Die Feinde unserer Frontorgane grüßen denn auch in schöner Regelmäßigkeit abwechselnd vom „Spiegel“-Cover: Die modernen Teufel heißen Wladimir Putin, Mahmud Ahmadinedschad und Papst Benedikt XVI. Vielleicht muss man Recep Tayyip Erdogan dazuzählen. Es sind jene letzten Widerständler, die sich der haltelosen Hegemonie und der schönen neuen einen Welt – tatsächlich einem heraufziehenden Weltstaatsmonstrum – noch widersetzen.“

Das sagt nun einiges:

Samstag, 30. Juni 2012

Warum das Beschneidungsverbot ein Fortschritt im Sinne individueller Freiheit ist


Mit diesem Urteil ist eine weitreichende Entscheidung getroffen, die dazu beiträgt, die Frage ins Bewusstsein zu rücken, ob Religionszugehörigkeit von der Herkunft abhängt oder eine individuelle Entscheidung ist. Die Beschneidung als irreversibler körperlicher Eingriff steht eher der Transparenz und Individualität der Religionszugehörigkeit entgegen. Es wäre demnächst generell zu fragen, ob Eltern überhaupt ihren Kindern ihre eigene Religionszugehörigkeit  bei der Geburt aufprägen können oder ob die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft nicht ohnehin erst mit der Religionsmündigkeit möglich sein sollte. Da wir uns mittlerweile wieder daran gewöhnt haben, die Bevölkerung nach Religionsgruppen einzuteilen, obwohl tatsächliche Religionsüberzeugungen oder gar deren Ausübung nur für einen kleinen Bevölkerungsteil überhaupt eine wichtige Rolle spielt, ist dies allemal ein Lichtblick auf dem Weg zu einer wirklich offenen Gesellschaft.* Denn es macht einen Unterschied, ob die Religionszugehörigkeit als ein Schicksal begriffen wird, das man sein Leben lang trägt, unabhängig von seiner eigenen Überzeugung oder ob es sich um eine individuelle Überzeugung handelt, die eigentlich auch niemanden sonst etwas angehen muss, weder die Familie noch den Staat. Die Festlegung auf eine Religionszugehörigkeit von Geburt an, fördert außerdem die Ghettoisierung.

Dienstag, 7. Februar 2012

Zur Debatte um Erika Steinbach - Waren die Nazis links?

Erika Steinbach (MdB der CDU) provozierte kürzlich die Öffentlichkeit mit der Äußerung, die NSDAP wäre eigentlich eine linke Partei gewesen.

Ich meine, eigentlich waren die Begriffe „links“ und „rechts“ vor dem Aufkommen der faschistischen Bewegungen ziemlich klar und eindeutig: links stand für fortschrittlich, freigeistig, egalitär(sozial), dagegen stand rechts für konservativ/reaktionär, autoritär und elitär. Mit der modernen Massendemokratie tauchte nun das Phänomen auf, dass eine Bewegung mit eigentlich klar rechten Zielen sich in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht teilweise linker Programmpunkte und vor allem linker Rhetorik bedienen musste, um die Volksmassen zu erreichen. Das ist aber meiner Meinung nach schon alles, was den Faschismus und Nationalsozialismus links erscheinen lässt. Ebenso sind die Begriffe natürlich auch unklar geworden durch die Entwicklung von Bewegungen mit linken Zielen zu einer autoritären und elitären Praxis. Also wären nach dem ursprünglichen Verständnis im Endeffekt beide "totalitären" Systeme rechts.

Hinzu kommt, dass vielen Menschen, unabhängig vom eigenen Standort, kaum klar ist, dass das Rechte und das Linke eben nicht nur hinsichtlich der sozialen Frage zu unterscheiden ist, sondern dass es auch um den Kampf zwischen kritischem progressivem Denken und individueller Emanzipation einerseits und einem Beharren auf Tradition und autoritären Strukturen andererseits geht. So scheinen viele – ablehnend wie zustimmend – zu meinen, das linke Prinzip bestehe in einem Gemeinschaftskult, der auch mit radikalem Antiindividualismus und Antiintellektualismus einhergehen kann, was dann auch Begeisterung für gewisse exotische Kulturen einschließen soll, wie man an den Islamdebatten sehen kann. Solche Umstände der Begriffsverwirrung erleichtern es konservativen Propagandisten, die Nazis in ideologische Nähe zu „den Linken“ zu rücken. Denn ansonsten haben natürlich besonders konservative, also objektiv relativ weit rechts stehende Kreise immer ein Interesse daran, ihre relative ideologische Nähe zu extrem rechten Ideologien zu verschleiern. 1979 versuchten auch schon Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber herauszustellen, dass die Nationalsozialisten vorrangig Sozialisten gewesen seien, um damit im Wahlkampf gegen die SPD aufzutrumpfen. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39867302.html
Dazu ist allerdings auch zu sagen, dass der Begriff Sozialismus in der Weimarer Zeit eine breitere Verwendung und andere Assoziationen fand als heute, nämlich unabhängig vom politischen und weltanschaulichen Standort, wie er sich im Links-Rechts-Schema bestimmen ließe; so z.B. bei Oswald Spengler als preußischer Sozialismus, der die völlige Unterordnung des Individuums unter das Ganze des Volkes und des Staates beinhaltet und im Grunde den faschistoiden Gedanken der Volksgemeinschaft vorwegnimmt.

Darüber hinaus gibt es im rechtskonservativen Bereich die Tendenz, jegliche fortschrittlichen emanzipatorischen Bestrebungen als im Kern totalitär aufzufassen und somit den Totalitarismus in jeder Form auf das linke Prinzip zurückzuführen. Am konsequentesten wurde diese Überlegung wohl von Erik von Kuehnelt-Leddihn propagiert, der dies dann auch ausdrücklich auf die Demokratie als solche bezog. In abgeschwächter scheinbar pro-demokratischer Form schlägt sich diese Denkfigur dann in Publikationen wie „Politically Incorrect“, „Achse des Guten“, „eigentümlich frei“, „Junge Freiheit“ etc. nieder, wenn die modernen Fortschrittsgedanken und Emanzipationsbestrebungen - Internationalismus, Umweltbewegung, Frauenbewegung, usw. – als totalitär und freiheits- und demokratiefeindlich diffamiert werden.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Die Inquisition der Gegenwart und ihre Doppelmoral

1978 verbrannten sich in Berlin zwei Anhänger der indischen Gurubewegung Ananda Marga, um gegen die Inhaftierung ihres Guru in Indien zu protestieren Dies wurde für die Evangelische Kirche in West-Berlin Anlass eine Arbeitsstelle einzurichten, die sich mit „Jugendreligionen“ befasst.
http://www.freitag.de/community/blogs/christianberlin/30-jahre-sektenjagd-in-absurdistan-thomas-gandow-
Dass es diese Aktion der Selbstverbrennung war, die für gewisse Kirchenvertreter Anlass bot, gezielte Propaganda gegen die neu entstandene Konkurrenz auf dem Weltanschauungsmarkt zu betreiben, ist deshalb so auffällig, weil es zeitnah gerade Fälle von evangelischen Pfarrern gab, die diese besonders schockierende Form der Selbsttötung als Mittel des Protestes gebrauchten:

Montag, 30. Januar 2012

Gegen die Vertuschung und für die Aufklärung des Falls Afshin Seresti

I.

http://www.openpetition.de/petition/online/petition-gerechtigkeit-und-entschaedigung-fuer-afshin-seresti-arzt
In dieser Petition geht es um die Aufklärung des Falles, dass der Exil-Iraner und mittlerweile deutscher Staatsbürger Afshin Seresti zu Unrecht – offenbar aufgrund einer Verleumdung – vom Verfassungsschutz als islamistischer Terrorist eingestuft wurde und um eine angemessene Entschädigung für ihn. In dem von Andreas Klamm-Sabaot verfassten Petitionstext wird ein evangelischer Pfarrer erwähnt, dessen Name den Behörden zur Untersuchung bekannt sein soll, da er im Verdacht steht, für diese Verleumdung verantwortlich zu sein. Wie hier angedeutet wird, soll dieser Pfarrer Herrn Afshin Seresti eingeschüchtert haben, nachdem dieser bei einem Antrag auf ein Stipendium nicht die Frage nach seiner Religionszugehörigkeit beantworten wollte. Afshin Seresti selbst schildert dies in einem Text, der bis jetzt noch im Internet aufzufinden ist, so, dass von ihm erwartet wurde, eine voraussichtliche Zeit der Rückkehr in sein Heimatland zu nennen und eine Religionszugehörigkeit anzugeben. Als er daraufhin erklärt habe, dass ersteres nicht möglich sei, da er als politischer Flüchtling in Deutschland lebe und dass er außerdem keiner Religion angehöre, soll der besagte Pfarrer ausfällig geworden sein und ihn bedrängt haben, sich zum Islam zu bekennen. Als Seresti dieses weiter verweigerte, soll der Pfarrer ihm gedroht haben, ihn fertig zu machen und ihm dazu noch eine Fotokopie des Mitgliedsausweises der Flüchtlingsorganistation, für die Seresti sich engagierte, abgenötigt haben.