Sonntag, 17. April 2016

Zur "Anschlussfähigkeit" bei "Querfronten"



Im Folgenden soll eine Anregung gegeben werden zu der Querfront-Debatte, die sich an den Montagsmahnwachen und dem durch Henryk Broder zu Fall gebrachten Moderator Ken Jebsen, der jetzt bei Youtube den Kanal KenFM betreibt, entzündet hat, die in den Medien und auch von Teilen der Linken, wie sich an dem Sammelband Vorsicht Volk! zeigt, auf fragwürdige Weise mit dem rechten Wutbürgertum , mit Pegida, mit Akif Pirincci, mit Jürgen Elsässer und seinem Magazin Compact in einen Zusammenhang gebracht werden, obwohl Ken Jebsen und sein Co-Autor Pedram Shahyar gegenüber dem zuvor genannten Lager völlig entgegengesetzte Positionen bezogen auf Zuwanderung und Flüchtlingsdebatte vertreten und Ken Jebsen seine kurze Zusammenarbeit mit Jürgen Elsässer, bei der es um den Themenkomplex Russland_Ukraine ging, längst beendet hat.


Um also den Terminus der Anschlussfähigkeit aufzugreifen, der bei den  konformistischen Linken um Jutta Ditfurth und dem antideutschen Spektrum, aus deren Lager die Autoren von Vorsicht Volk! stammen, oft gebraucht wird, um Querverbindungen von authentischen Linken zum Antisemitismus und zu Verschwörungstheorien herzustellen, müsste man sich vielmehr fragen, ob die Anschlussfähigkeit für Hetze gegen muslimische Migranten und sozial Schwache vielmehr nicht da gegeben ist, wo einseitig Israel und USA unterstützt wird. Siehe Vorsicht Volk! S. 34: Dort wird zutreffend festgestellt, dass „die Springer-Presse bei allem Gehetze gegen ‚faule Arbeitslose‘ und ‚kriminelle Ausländer‘ immerhin in Sachen Anti-Antisemitismus recht zuverlässig“ sei, um dann eine Bild-Boykott-Demo, bei der auch Pedram Shahyar gesprochen hat, anhand schwammiger Hinweise in die Nähe des Antisemitismus zu rücken. In der Tat ist die Springer-Presse bei der Solidarität mit Israel zuverlässig, genauso wie Geert Wilders und Hans-Christian Strache, wie PI. Die antideutschen Verfasser von Vorsicht Volk! Wollen über den Begriff der Anschlussfähigkeit irgendeine Verbindung zwischen dem Sozialrassismus der Sarrazin, Pirincci, Pegida einerseits und der neuen Friedensbewegung mit Protagonisten wie Pedram Shahyar, Ken Jebsen herstellen, nur weil es in beiden Lagern eine diffuse Ablehnung von Mainstreammedien gebe, blenden aber aus, dass sie mit ihrer bedingungslosen Israelsolidarität ebenso anschlussfähig an einen bestimmten Teil des Rechtspopulismus sind, eben an den, der von der BILD über die Achse des Guten zu PI und Geert Wilders reicht. Auch der hardcore-rechte Sezession-Autor Manfred Kleine-Hartlage sieht es so, dass die Ablehnung Israels die Konsequenz einer antinationalen globalistischen linken Haltung sei, während eine ethnopluralistische Rechte konsequenterweise Israel bejahen müsse.

Es wird aus diesem korrumpierten linken Spektrum wie stets in Konkret und jetzt in dem Sammelband Vorsicht Volk!  das ganze rechtspopulistische fremdenfeindliche Spektrum mit den linken Friedensbewegten etc. in einen Topf geworfen, bis dahin, dass auch ein Akif Pirincci schon mit Ken Jebsen und den Mahnwachen im Zusammenhang genannt wird, ohne dass ein solcher Zusammenhang näher erläutert wird, einfach weil er eben nicht da ist. Stattdessen läge es viel näher, dieses antideutsche und israelsolidarische Milieu, aus dem die Kritiker der ganzen neuen Bewegung der „Verschwörungstheoretiker“ und „KenFM-Weltverbesserer“ (so bezeichnet von der Musikgruppe Antilopengang) kommen in Bezug zu Akif Pirincci und dem islamfeindlichen Wutbürgertum zu setzen, zumindest wenn man die gleiche Methode anwendet und aus jeder Querverbindung, die es einmal gab, einen bewussten Zusammenhang ableitet   Diese sind teilweise mit Broder und der Achse des Guten vernetzt gewesen, die auch zuerst Pirincci ein Forum für seine Sudeleien gegeben haben. In dieser Verknüpfung des neokonservativen transatlantischen Milieus mit der in den Dienst jener geopolitischen Agenda gestellten Antisemitismus- und Islamkritik wurde allerdings der geistige Nährboden für Pegida bereitet, auch wenn diese dann bald einen mehr antiwestlichen Charakter angenommen hat und dadurch von außen gesehen mit den Mahnwachen verknüpft werden kann. Genau wie jetzt Pegida und AfD meinte auch die Achse des Guten schon von Anfang an, dass sie gegen einen angeblich linken Mainstream anschreiben müsste, auch schon mit dem Kampfbegriff des „Gutmenschen“, obwohl sie für ihre Meinungen eigentlich zumindest die ganze Springer-Presse zur Verfügung hatte, allerdings mit dem Unterschied, dass die Achse des Guten als prozionistische und proamerikanische Strömung diesen linken Mainstream als antiamerikanisch versteht, während ein großer Teil der heutigen Rechtspopulisten mit der Nähe zu Jürgen Elsässers Compact vielmehr selbst ihre Fremdenfeindlichkeit mit einem auch gerade gegen die USA und die Nato gerichteten Antiglobalismus verbinden und dem linksliberalen Mainstream gerade vorwerfen selbst ein Werkzeug dieser NWO zu sein, die ja von gewissen Denkern wie Ulrich Schacht, dem reaktionär-libertären Lager und den Infokriegern auch als sozialistisches Projekt gedeutet wird. Während die einen aus dem neokonservativen Lager um Broders Achse so tun als hätten sie damit nichts zu tun, sind manche schon direkt ins Lager von Pegida gegangen, besonders Vera Lengsfeld vertritt dies auch auf der Achse des Guten immer deutlicher. –  Es war Broder, der Ken Jebsen zu Fall gebracht hat und es war auch Broder, der Pirincci salonfähig gemacht hat. Deswegen ist es unglaublich infam und ignorant, wenn opportunistische Linke und opportunistische Liberalkonservative jetzt Pirincci, Elsässer, Sarrazin, Pegida, AfD einerseits und Ken Jebsen und die Friedensmahnwachen andererseits in einen Topf werfen und zu einem Wutbürgertum und einer Querfront abstrahieren. Es sei mal dahin gestellt, wie weit Broder und seine Achse zu der Atmosphäre beigetragen haben, in der eine Pegida entstand, jedoch gibt Broder bis heute Pegida-Sympathisanten wie Lengsfeld ein Forum. Nun gab es von der Achse stets Absprünge, erst von Alan Posener (Starke Meinungen), nun seit Pegida auch von Michael Miersch, denn der Unterschied zwischen den „klimaskeptischen“, fremdenfeindlichen, antifeministischen Ansichten, die auf der Achse einerseits  und beim Kopp-Verlag andererseits geäußert werden liegt oft nur darin, ob diese mit Sympathie für Putin u.ä. verbunden wird oder im Namen des liberalen Westens geäußert wird, ferner noch ob mit einer Ablehnung oder Unterstützung des Staates Israel verbunden. Dabei ist es fast zwangsläufig, dass sich diese Art des Denkens irgendwann gegen die offene Gesellschaft richtet, denn auch wenn dies zunächst abwegig erschien, das, wogegen die Achse des Guten sich zum großen Teil richtete, wie das Gutmenschentum, die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Zivilisation, soziales und ökologisches Bewusstsein, Feminismus ist westlich! - Zumindest aber geht es jenen konformistischen Linken genau wie den Neokonservativen darum jede Verantwortung des Westens z. B. an der Destabilisierung Syriens zu leugnen und diejenigen, die dies thematisieren als Verschwörungstheoretiker u. ä. zu diffamieren. Wie gesagt, in der Bush-Zeit galt diese Haltung mehr als Sache des konservativen Spektrums, wie es durch die Springer-Presse geprägt war. Heute kann man sich damit als links und fortschrittlich präsentieren, solange man gleichzeitig für offene Grenzen und Willkommenskultur eintritt, nur ist solche Fremdenfreundlichkeit heuchlerisch, wenn man sich nicht mit den Ursachen der Flucht auseinandersetzen will.

Natürlich bewegen sich im Fahrwasser von Friedensbewegungen und der Kritik an der westlichen Politik auch allerlei obskurante Anschauungen, die von Freimaurern, Illuminaten oder gar außerirdischen Reptiloiden schwadronieren und wo man bald merkt, dass es im Kern um reaktionäre Abwehr der modernen Welt geht. Solche Art Rebellion richtet sich nicht gegen Herrschaft und Fremdbestimmung als solche und oft ist die Grenze nicht eindeutig, wenn man sieht, wer alles mit Michael Vogt spricht. Aber daraus eine wirkliche Übereinstimmung abzuleiten, ist schon fragwürdig. Wie es von den Attac-Aktivisten Pedram Shahyar und Prinz Chaos II.  als Gesprächspartner und Co-Autoren bei KenFM angemahnt wurde, wäre es eben Sache einer echten Linken gewesen, die Proteststimmung gegen die imperiale Politik des Westens aufzugreifen mit der eigenen fortschrittlichen Perspektive zu untermauern. Wenn ein beträchtlicher Teil der Linken sich so verhält wie die Autoren von Vorsicht Volk!, dann werden in der folgenden Generation mehr von denen, die irgendwie alternativ, kapitalismuskritisch, pazifistisch orientiert sind, ihre Antworten, die ihnen von den sogenannten Linken verweigert werden, bei den Rechtspopulisten und Rechtsesoterikern suchen.

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